Bereits im September letzten Jahres hatte die Ampel-Koalition die Einmalzahlung für Studierende vereinbart. Seit Dezember ist das Studierende-Energiepreispauschalengesetz in Kraft und trotzdem hat, bis auf einige wenige Studierende aus einer Testphase, die große Mehrzahl weder das Geld auf dem Konto noch den Antrag stellen können. Sechs Monate nach Beschluss dieser Entlastungszahlung warten also Millionen Studierende immer noch auf ihre Einmalzahlung über 200€.
Das liegt vor allem daran, dass das Verfahren unnötig kompliziert gestaltet wurde – und trotzdem erhebliche Datenschutzmängel aufweist.
Demnach müssen die Hochschulen Listen aller Studierenden an das Land übermitteln. Anhand dieser Listen bekommen die Hochschulen für alle Anspruchsberechtigten einen Zugangscode und eine PIN, welche die Hochschulen dann an die Studierenden versenden müssen. Das schiebt die Verwaltungsarbeit und Verantwortung auf die Hochschulen ab, welche diese jetzt in kürzester Zeit bewältigen muss. Zusätzlich müssen sich alle Studierenden eine BundID erstellen, um dann letztendlich den Antrag stellen zu können. Das ist laut Datenschutzexperte Christian Aretz1 auch noch datenschutzrechtlich nicht zulässig. Selbst die Datenschutzkonferenz der Bundesländer kritisiert diesen Vorschlag2.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter der Leitung von Bettina Stark-Watzinger zeigt wieder einmal den mangelnden Willen oder die mangelnde Kompetenz, den Studierenden wirksam zu helfen. Dabei ist es bitter nötig, dass diese Einmalzahlung jetzt endlich ab Mitte März auf den Kontos der Studierenden eingeht. 2021 waren 37,9 Prozent der Studierenden armutsgefährdet3 – mit den weiterhin stark gestiegenen Lebensmittel-, Strom- und Heizkosten werden Studierende noch weiter belastet. Vor diesem Hintergrund ist die Einmalzahlung ein Tropfen auf den heißen Stein und zeigt schonungslos auf, dass Studierenden viel tiefgreifender geholfen werden muss.
Anstatt in ein Antragstool für die Einmalzahlung zu investieren, wären andere Investitionen von höherer Bedeutung gewesen. So müssen unter anderem Studierendenwerke finanziell bezuschusst werden, um einen weiteren Preisanstieg in den Wohnheimen, Mensen und anderen sozialen Dienstleistungen entgegenzuwirken. Der Ausbau und die Sanierung von Studierendenwohnheimen muss stärker bezuschusst werden und kostengünstige sowie sozial gerechte Mobilität muss unter allen Studierenden gewährleistet sein.
In einem Land wie Deutschland, das Bildung als Grundpfeiler einer zukunftsfähigen Gesellschaft ansieht, ist es inakzeptabel, dass Studierende aufgrund ihrer finanziellen und sozialen Verhältnisse gezwungen werden, ihr Studium abzubrechen. Es darf nicht vergessen werden, dass Bildung der Schlüssel zur nachhaltigen und positiven Gestaltung der Zukunft des Landes ist. Eine Chancengleichheit im Bildungsbereich muss daher gewährleistet sein, um allen Studierenden unabhängig von ihrer Herkunft die Möglichkeit zu geben, ihr Potenzial voll auszuschöpfen und somit ihren Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Wir fordern deshalb, die finanziellen Nöte der Studierenden ernst zu nehmen. Wir fordern eine höhere Bezuschussung der Studierendenwerke, kostengünstige Mobilität für Studierende aller Altersschichten und eine direkte finanzielle Entlastung für die Studierenden, in Form von elternunabhängigem BAföG, sonst festigt sich der Eindruck, dass die Belange der Studierenden in Krisensituationen ganz hinten angestellt werden.
1 https://netzpolitik.org/2023/einmalzahlung-an-studierende-verpflichtung-zur-bundid/
2 https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/02/einmalzahlung-studierende-energiepauschale-online.html
3 https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/studierende-armutsgefaehrdet-101.html